Ein außergewöhnlicher Ehrentag einer außergewöhnlichen Frau

21.07.2022
Beitrag

Zum 100. Geburtstag von Philomena Franz

Mit dem Gottesdienst in Hoffnungsthal am Vorabend sowie der Vortragsreihe am heutigen Tag im Schloss Eulenbroich begehen die Organisatoren des Philomena-Franz-Forums den einhundertsten Ehrentag der Ehrenbürgerin Bergisch Gladbachs.

Mir persönlich war es eine große Freude, dem Gottesdienst beiwohnen zu dürfen und die Jubilarin und ihre mannigfaltige Lebensleistung zu ehren.

Geboren am 21. Juli 1922 in Biberach an der Riß wuchs Philomena Franz in einer Musikerfamilie auf, ihr Vater war Cellist und ihre Mutter Sängerin. Mit ihrer Familie hatte sie in ihrer Jugendzeit Auftritte in namhaften Veranstaltungssälen in Deutschland und Frankreich.

Die 1936 beginnende rassistische Verfolgung der Sinti und Roma mündete für Philomena Franz 1938 darin, dass sie die Mädchenoberschule in Stuttgart verlassen musste. Die Familie bekam Berufsverbot. Frau Philomena Franz wurde bis zu ihrer Verhaftung 1943 zur Zwangsarbeit in einer Rüstungsfirma verpflichtet und anschließend 1944 nach Auschwitz deportiert.

Sie überlebte die Konzentrationslager und Arbeitslager Auschwitz-Birkenau, Ravensbrück, Schlieben, Oranienburg und wieder Auschwitz. Von dort aus ging es für Frau Franz nach Wittenberg, wo ihr kurz vor Kriegsende die Flucht gelang. Fast ihre gesamte Familie wurde getötet, allein ein Bruder starb nicht durch die Tötungsmaschinerie des Nationalsozialismus.

Als Schriftstellerin und Zeitzeugin ist Frau Philomena Franz anschließend jahrzehntelang in Bildungseinrichtungen und Medien aktiv gewesen und hat so wortgewaltig über das berichtet, für das es keine Worte gibt. Sie hat Generationen von Menschen für das Thema des Umgangs mit der historischen Schuld Deutschlands durch die Vernichtung von Millionen Menschen sensibilisiert. Und ihr Kampf gegen das Vergessen dauert bis heute an.

Vor allem aber hat Sie dies trotz all des Unrechts, das ihr und ihrer Familie widerfahren ist, stets eine Botschaft der Versöhnung gesetzt:
„Wir Überlebenden sind gezeichnet. Aber eines hat mich mein Leben gelehrt: Wenn wir hassen, verlieren wir. Wenn wir lieben, werden wir reich.”, hat Sie einst gesagt.

Von diesem Verständnis ausgehend, hat sie Toleranz vorgelebt und ihrem Heimatland trotz alledem, was dafürsprach, nicht den Rücken gekehrt. Vielmehr fühlt sie sich ungebrochen als Deutsche und erweist ihrem Heimatland trotz all der schrecklichen Heimsuchungen während der Herrschaft des Unrechts einen enormen Dienst.

Ihr Ehrentag ist nicht nur Anlass zur Dankbarkeit, sondern zugleich Mahnung: Ihr Lebenswerk steht fest verbunden mit der kraftvollen Botschaft, dass die nachfolgenden Generationen nicht für das damalige Unrecht verantwortlich sind, sondern dafür, dass sich so etwas nie wiederholen wird. Hierzu hat Philomena Franz einen unglaublich wichtigen Beitrag geleistet, auf den sie voller Stolz zurückblicken kann und sollte.

Und so möchte auch ich dieser außergewöhnlichen Frau an diesem außergewöhnlichen Tag von Herzen sagen:

Alles erdenklich Liebe und Gute zu Ihrem 100. Geburtstag Frau Philomena Franz, Ehrenbürgerin von Bergisch Gladbach.